Artikel im Pforzheimer Kurier am 18.10.1998
Die Samstagsreportage vom Redaktionsmitglied Mike Bartel
Wolfgang Haberstroh schreibt im Urlaub Theaterstücke
Ein lustiger Bauernschwank vom sonnigen Karibikstrand Die Bilfinger Mäddich-Bühne hat einen eigenen Autor
Kämpfelbach-Bilfingen. Wenn Wolfgang Haberstroh an einem karibischen Traumstrand zum Kugelschreiber greift, dann zieht dies in der Regel keine Postkarten
an die Verwandten nach sich, sondern ein neues Theaterstück für die Bilfinger Mäddich-Bühne. Seit drei Jahren textet der 42jährige Verwaltungsbeamte regelmäßig im Urlaub unter dem sonnenblauen Himmel der
Dominikanischen Republik heitere Schwänke, die auf irgend einem Bauernhof in deutschen Landen spielen. Er tut dies so gekonnt, daß jüngst sogar der renommierte deutsche Theaterverlag Rieder ein Stück von
Haberstroh in sein aktuelles Herbstprogramm aufgenommen hat. Titel: “Die wilden Triebe, dafür gibt es Hiebe! oder Ein Rindvieh kommt selten allein”.
Es handelt sich dabei um den ersten Dreiakter, den Haberstroh für die Bilfinger Mäddich-Bühne geschrieben hat. Zum Start 1995 bedienten sich die begeisterten und begeisternden
Laienschauspieler aus Kämpfelbach noch eines gekauften Stückes. Doch für die Aufführungsrechte “mußten wir damals fast 1000 Mark bezahlen”, erinnert sich Wolfgang W. Haberstroh,
“deshalb habe ich das nächste Stück selbst geschrieben.” Das Schauspiel unter dem ursprünglichen Titel “Eine Kuh kommt selten allein”, erlebte 1996 einen ähnlichen Ansturm wie die
Premiere mit dem “Heiratsgenie” ein Jahr zuvor. Innerhalb von nur 40 Minuten waren alle Karten für die sieben Aufführungen im Kronensaal weg. Und weil 1997 eine nochmalige Steigerung der
Besucherresonanz brachte, mußte man die Karten heuer sogar auf zehn pro Nase kontingentieren. Vor Aufführungen in größeren Hallen aber schrecken die Hobbyakteure bisher zurück. “Das besondere
Flair im Kronensaal gehört dazu. Deswegen sind wir bisher auch noch nicht raus aus Kämpfelbach gegangen”, meint Wolfgang Haberstroh.
Der startete übrigens seine humoristische Karriere - wie könnte es anders sein? - als Büttenredner und Verwaltungsmitglied bei der Karnevalsgesellschaft “Kakadu”
Bilfingen. Inzwischen besteht seine Kampagne aus der Theatersaison der Mäddich-Bühne, die sich stets an das Faschingstreiben anschließt. Das lustige Dutzend von Laienschauspielern, die von den Kostümen bis
zum Bühnenbild alles selbst machen, brachtes es in diesem Jahr auf zehn Vorstellungen. Das STück “Der gemeine Hasendieb” stammt wiederum aus der Feder von Wolfgang Haberstroh, der bereits
beginnt, als Autor eine gewisse Routine zu entwickeln. “Ich habe Gags und Ideen auf meinem PC katalogisiert” verrät der Beamte, der hauptberuflich Daten der Polizeidirektion Pforzheim
verarbeitet. Die Inspiration von dort sei allerdings gering.
“Ich versuche, mit offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen” ersählt Haberstroh, der Anregungen eher bei Festen oder an Stammtischen aufschnappt. Lokalkolorit ist in
seinen Werken dünn gesät, denn “ortsbezogene Dinge” lassen sich nicht gut verkaufen. Und obwohl er es ursprünglich nicht vorhatte, sind bereits zwei weitere Stücke des Bilfingers bei besagtem
Theaterverlag zur Begutachtung.
Das Schwierigste am Schreiben von Theaterstücken ist laut Haberstroh das bildhafte Vorstellen der Bühnenszene. Ärger mit seiner Ehefrau Tina, die zudem als Souffleuse bei der Mäddich-Bühne im
Einsatz ist, bekommer er wegen seiner schöpferischen Tätigkeit im Urlaub nicht. “Ob ich mich nur sonne oder gelegentlich was auf meinem Schreibblock notiere, ist ihr egal.” Nervös wird sie erst,
wenn ihr Mann auf der Bühne steht, aber dann ist für den das meiste schon geschafft.
Der Autor selbst auf der Bühne als Bauer Wilhelm im Jahr 2001
Artikel in der Pforzheimer Zeitung am 29.04.2000
Im Fluge schwingt die Autoren-Feder mit
Ein Feature von Michael Schenk
Buchstäblich wie im Fluge geht ihm das Schreiben von der Hand.
Eigentlich verdient der 44-jährige Wolfgang Haberstroh aus Bilfingen seine Brötchen jedoch im Dienst bei der Polizeidirektion Pforzheim.
Aber in seiner Freizeit bewährt er sich als Multitalent: Schauspieler, Regisseur und Autor. 1993 gründete er die "Mäddich-Bühne". Eine Schar von heute 14 Laienschauspielern,
die alljährlich die Bühne des Kronensaales mit Mundart-Theater belebt. Etliche Tausender des Erlöses sind bereits für gute Zwecke eingespielt worden (PZ hat berichtet).
Anfangs habe man sich die Aufführungsrechte für einen Schwank bei einem Verlag in Wemding bei Ulm gekauft. Heute verkauft Haberstroh seine Dreiakter an den
selben Verlag. Eines ist bereits seit 1998 zu haben ("Äh Rindvieh kommt selde alloi"), weitere Skripte liegen dem Verlag vor und sollen veröffentlicht werden.
Wie kommt ein Beamter, der sich tagtäglich mit den Mucken der Computer seiner Behörde herumschlägt, dazu, in der Freizeit die Feder zu schwingen?
Tief sitzender Stachel
Einmal war da das Geld, das für das Aufführungsrecht bezahlt werden muss. "Da wir den Erlös unserer Aufführungen spenden, habe ich überlegt, ob wir die Ausgabe
einsparen können." Zum anderen war da in seiner Schulzeit auf dem Pforzheimer Kepler-Gymnasium ein Lehrer, der befand "meine Aufsätze als fantasielos".
Eine Einschätzung, die Pennäler Wolfgang nicht teilen mochte: "Ich habe früher schon gerne Geschichten ausgedacht und erzählt." Von wegen fantasielos eine
pädagogische Äußerung, die als tief sitzender Stachel wirkte. So reizte es den Vater einer 16-jährigen Tochter schließlich auszuprobieren, "ob ich so etwas kann". Seine
Ehefrau Tina, die sich beruflich dem Wirtschaftskontrolldienst in Pforzheim widmet, kontrolliert in ihrer Freizeit nun nicht nur die Skripte ihres kreativen Ehemannes auf
dramaturgische Klippen; sie souffliert zudem, wenn es gilt, das Erdachte auf die Bühnenbretter zu bringen.
Traum vom "Tatort"
Wolfgang Haberstroh spart dank seiner Neigung zum Geschichtenersinnen nun nicht allein Geld, er verdient auch eine Kleinigkeit damit. "Wenngleich das für mich im
Hintergrund steht, auch wenn das jetzt floskelhaft klingt", versichert er. Dass er durchaus stolz darauf ist, dass sein erstes Stück nun quer durch Süddeutschland von Laienbühnen
aufgeführt wird, das verhehlt er nicht. Immerhin 52-mal schon hieß es "Äh Rindviech kommt selde älloi" von Wolfgang Haberstroh. Bei einer Aufführung im Allgäu bemerkte
er belustigt, dass Bilfinger Lokalkolorit dabei nicht unbedingt verloren geht. "Dokter Scheller macht den au net heller" laute so eine Pointe, die auch im Voralpenland für
Lacher sorgte; und das, obwohl dort kaum wie in Bilfingen ein Arzt dieses Namens praktizieren dürfte. In diesem Jahr widmete sich der einst im aktiven Polizeidienst
(Pforzheim, Revier Süd) tätige Freizeitautor einem kriminalistischen Stoff. Für 2001 solls dann wieder ein ländlicher Schwank werden. Sein Traum? Einmal das Drehbuch
für einen "Tatort" schreiben. Eine bestimmte Kommissarfigur hat er dabei nicht im Auge.
Und was schaut sich Wolfgang Haberstroh am liebsten an, wenn er ins Theater geht? Logisch, "Volkstheater” la Steiner oder auch mal ein Musical". Die etablierte
Bühnenwelt der Stadt- und Staatstheater spricht ihn weniger an.
Woher er seine Ideen bezieht? Schwer zu sagen. Wichtiger als die Quelle der Inspiration ist ihm die Methode "Einfälle immer gleich aufschreiben ". Haberstrohs dickes Plus: Er
kennt die Darsteller und vermag ihnen daher die Rolle tatsächlich auf den Leib zu schreiben. "Ich habe dabei schon die Mienen der Schauspieler vor dem geistigen Auge", lächelt er knitz.
Ideen im Urlaubs-Jet
Schreiben, dieses Elixier nimmt er übrigens bevorzugt im Urlaub zu sich. Und wenn er dann im Jet in die Karibik düst, dann kann es schon passieren, dass bei der Ankunft
unter den Palmen das Skript des neuen Mäddich-Schwanks bereits vollendet ist.
Geschrieben wie im Fluge eben.
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